Persönlich - Gesamtresümee

Ein Kollege, der vor meiner Zeit in Abu Dhabi gewirkt hat, hielt nach seiner Rückkehr Vorträge unter dem Titel „Ein Land zwischen Moderne und Tradition“. Ich möchte diese Aussage noch ergänzen und würde es „Ein Land der Gegensätze“ nennen.

 

Noch nie hatte ich zuvor neben so viel Reichtum und Prunk gleichzeitig so viel Elend und Armut gesehen. Noch nie neben so viel Innovationsgeist und Zukunftsdenken so viel Dummheit und Rückständigkeit. Noch nie so viele tolle Dinge neben so viel Mist. Und nirgends habe ich jemals so viel Gastfreundschaft und Toleranz erlebt, jedoch gleichzeitig wurde mir noch nie so deutlich gemacht wer die Herrscher im Land sind und dass man als Auswärtiger keine großen Forderungen stellen braucht.

 

Einige Leute haben mich nach meinen Erfahrungen befragt und sich erkundigt, ob ein solches Unternehmen empfehlenswert ist. Für mich war es sicher eine Bereicherung. Ohne meine Erfahrungen in Abu Dhabi wäre ich heute nicht wo ich bin. Der interkulturelle Kontext mag zwar sehr schwierig und heikel sein, aber gerade dadurch lernt man sehr viel Fingerspitzengefühl bei der zwischenmenschlichen Interaktion. Zusätzlich habe ich auch gelernt viele Dinge etwas ruhiger und gelassener zu sehen. Last but not least habe ich in Abu Dhabi meine Frau kennengelernt und geheiratet. Mittlerweile haben wir sogar unser erstes Kind bekommen.

 

Auf der anderen Seite war alles auch ein wenig abenteuerlich. Dazu eine schlechte bis mäßige Sozial- bzw. Pensionsvorsorge. Und so manche verwaltungstechnische Geschichten, die in die Hose gingen und man besser nicht wusste, dass sowas auf einen zukommt, weil man es sich vielleicht anders überlegt hätte.

 

Wer sich auf ein solches Abenteuer einlassen will und gerne auch mal über den Tellerrand hinausblickt, ist in Abu Dhabi durchaus gut aufgehoben. Ich würde es aber keinem empfehlen seine Arbeit dafür hinzuschmeißen, wenn er zu Hause mit beiden Beinen fest im Leben steht. Wer aber im Zuge einer Freistellung oder Karenz später wieder fix zu Hause anfangen kann, oder wer wirklich unzufrieden ist und etwas Neues probieren will, für den kann es sicher eine Überlegung wert sein.

 

Etwas worauf ich bei meiner Rückkehr gar nicht gedacht habe, mir aber eigentlich von meinem Auslandsstudium bekannt war und nach so mancher skurrilen Situation wieder eingefallen ist: Der Kulturschock. Oder anders ausgedrückt: Andere Länder , andere Sitten. Wo z.B. in Abu Dhabi besonders sensibles Vorgehen und gewisse Verhaltensregeln beim Auftreten vor der Gruppe in der Ausbildung nötig waren, weht in Österreich wieder ein anderer Wind.  Es gilt sich jetzt eben wieder zurück zu gewöhnen.

 

Zu allerletzt noch zwei wichtige Lektionen, die ich gelernt habe. Nr. 1: Wissen kann man nicht einfach wie mit dem Trichter dem anderen einfüllen. Man muss Platz für Entwicklung geben. Dazu gehört auch so manches Fettnäpfchen, um Erfahrungen zu sammeln. Und daraus folgend Nr. 2: Moderne Technik kann man zwar kaufen, Erfahrung, Wissen und diverse andere Werte und Tugenden aber nicht. So kam es, dass an einer Einsatzstelle auf einer Baustelle millionenschwere Technik herum-stand und es nicht, obwohl technisch möglich, in den 15. Stock schaffte. Das Löschen der letzten Brandstelle auf dem Dach gelang erst einer Hand voll mutigen Männern, die nach langer Suche einen Weg zu Fuß in die oberen Stockwerke fanden und dort mit den einfachen, auf der Baustelle verfügbaren, Mitteln eine Eimerkette bildeten.

 


Mühsames vor der Heimkehr

Man möchte meinen um nach Hause zu kommen setze man sich in den Flieger und die Sache ist erledigt. Natürlich war dem nicht so, denn damit meine Frau mitkommen kann mussten wir einen Aufenthaltstitel beantragen. Dazu waren natürlich wieder diverse Dokumente und vor allem einige Stempel nötig. Hier sei anzumerken, dass die Dokumente an und für sich nicht so das Problem darstellten, sondern die Beschaffung der notwendigen Stempel und Beglaubigungen ein regelrechter Spießrutenlauf war. Unsere Heiratsurkunde hat nun stattliche 5 Stempel um volle Gültigkeit in den Philippinen und in Österreich zu haben.

 

Daneben haben wir noch unseren Haushalt aufgelöst. Ein paar Dinge, die wir unbedingt behalten wollten haben wir in einer Kiste per Luftfracht nach Hause geschickt. Den Rest haben wir so gut es ging verkauft. Auch hier sollen die helfenden Kollegen lobend erwähnt werden, ohne deren Hilfe dieses gesamte Unterfangen nicht machbar gewesen wäre.

 

Mein Schwager Jojo, der für die Hochzeit nach Abu Dhabi gereist war, wollte die Gelegenheit nutzen und sich nach Arbeit umsehen. Natürlich wollten wir ihn vor unserer Abreise gut versorgt wissen. Auch kein leichtes Unterfangen. Viele Male sind wir uns die Füße wund gelaufen, haben aktiv in Geschäften gefragt und zig Bewerbungsschreiben abgegeben. Die Freude war groß, als er zu den ersten Bewerbungsgesprächen eingeladen wurde, aber ebenso die Ernüchterung als sich herausstellte, dass die Angebote beinahe unter der Menschenwürde lagen. Bei minimaler Bezahlung eingepfercht in ein Arbeitercamp, gehalten wie ein Stück Vieh. Und dabei dem Arbeitgeber voll ausgeliefert, da der den Pass einbehält. Es wurde sehr deutlich welchen unterschiedlichen Stellenwert verschiedene Nationalitäten im Land haben.


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